By Gerhard Schmidtchen
In einem Lande wie der Bundesrepublik Deutschland nehmen sich im Laufe eines Jahres mehr als 12'000 Menschen das Leben. 1m Jahre 1985 waren es genau 12'615 durch die Statistik erfaBte Suizide. Diese Zahl schwankt tiber die Jahre hinweg kaum, andert sich hochstens mit der GroBe der Bev- kerung und ihrer Altersstruktur. Die Selbstmordziffer, additionally die Zahl der Selbstmorde auf 100'000 Einwohner, gehort zu den statistischen Zahlen mit geheimnisvoller Konstanz. Dartiber haben sich schon die Moralstatistiker gewundert, die in der Selbsttotung so etwas wie eine freie Entscheidung sahen, used to be durch die gesetzmaBige Wiederkehr immer der gleichen Zahlen fraglich wurde. Die wirkliche Zahl der Selbstmorde ist tibri gens groBer, sie verstecken sich in allen moglichen Todes ursachen, nicht zuletzt in Verkehrsunfallen, used to be inzwischen durch Untersuchungen der historischen Psychologie erhartet wurde. Die Selbstmordziffer der Frauen ist niedriger als die der guy ner, 8'574 demeanour tOteten sich im Jahre 1985 und 4'041 Frau en, ausgedrtickt in Ziffern professional 100'000 sind das 29,4 demeanour und 12,7 Frauen, die den Tod wahlten. Die Zahl der Selbst tOtungen steigt mit dem modify insbesondere bei Mannern drastisch an, die Selbstmordrate professional 100'000 betragt bei guy nern zwischen dem 15. und 25. Lebensjahr 19,6, ab dem seventy five. Lebensjahr quickly eighty, additionally viermal soviel. Auch bei Frauen ist der relative Anstieg betrachtlich, flacht dann aber nach dem sixty five. Lebensjahr abo Die folgende Ubersicht macht die Verhalt nisse deutlich.
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Generell kann man sagen, daB alle Tendenzen, die auf eine Herabsetzung der personlichen Ressourcen und die StOrung der Personlichkeitsorganisation hinauslaufen, die Handlungsfahigkeit des Individuums beeintrachtigen. Dies ist das Kriterium flir selbstschadigende Verhaltensweisen. Zu den latenten Arten der Problembewaltigung, durch die Ressourcen der Person geschadigt werden, gehort auch die Somatisierung von Konflikten. Somit gibt es eine Symptomreihe von aktiven bis passiven Selbstschadigungen und von Reaktionsbildungen, die sich entweder durch hohe oder geringe soziale Auffalligkeit auszeichnen.
59 4. Die Rolle der paradoxen Erziehung Wenn man der bisherigen Literatur vertraut, so miiBte ein klassisches BewaItigungsverhalten im positiven Sinne das Gegenstiick bilden zur allgemeinen Riickzugstendenz. Zwei Skalen k6nnten sieh dafUr qualifizieren: die Selbstermunterung und die Tendenz, das Problem direkt anzupacken. 05 fUr Selbstermunterung). Diese Verhaltenstendenzen in einem seelischen Tief k6nnen also sowohl mit Riickzugstendenzen Hand in Hand gehen, als auch mit aktiver tatsachlicher Bewaltigung.
Ein Befund aber ist bemerkenswert: Frauen neigen starker zum Riickzug, zur Selbstaufgabe, als Manner. Dies ist ein erster Hinweis auf die sozialen Hintergriinde einer Personlichkeitsdisposition, die zur Selbstaufgabe neigt. In der geschlechtsspezifischen Erziehung von Madchen scheint die Zuriicknahme von Anspriichen, die Selbstbescheidung, das Zuriickstehen konnen, wesentlich starker trainiert zu werden. Nebeneffekt scheint dann aber eine habitualisierte Hilflosigkeit zu sein, die Frauen dazu treibt, Nachteile und Niederlagen unter hohen psychischen Kosten hinzunehmen.